Geisterstadt: Nicht mehr bewohnte Ortschaft; vor allem die ehemaligen Goldsucher-Städte in den USA, die jetzt verlassen sind („ghost towns“).
Auf viele Menschen haben Geisterstädte eine magische Anziehungskraft. Selten bekommt man die eigene Vergänglichkeit direkter vor Augen geführt. Geisterstädte besitzen eine verstörende Ästhetik. So könnte die Welt ohne Menschen aussehen. Langsam erobert die Natur sich ihr Gebiet zurück und beansprucht Menschenwerk für sich.
In San Zhi, an der Nordküste Taiwans, trifft eine futuristische Architektur auf postnukleare Romantik. Dort sollte in den 60er Jahren eine Siedlung für die reiche Oberschicht aus Taipeh entstehen. Während der Bauarbeiten kam es zu mehreren Unfällen mit Todesfolge.
Als einige Lokalblätter dies veröffentlichten, orakelten die Einheimischen, dass die Siedlung verhext sei.
Als sich dieses Gerücht herumsprach, sprangen verschiedene Geldgeber ab und keiner der Arbeiter wollte diesen Ort betreten.
Obwohl die Siedlung samt Minivergnügungspark fast fertig errichtet war, weigerte sich auch die Zielgruppe aus Taipeh, auch nur einen Fuß auf die Anlage zu setzen. Die Bauarbeiten kamen völlig zum Stillstand und der Komplex wurde in seinem halbfertigen Zustand stehen gelassen.
Die Siedlung gilt als verzaubert, es ist unmöglich, sie zu verkaufen. Ein Abriss wäre ebenso undenkbar, es sind schließlich die Häuser von Geistern und verlorenen Seelen, die nicht imstande sind, die Grenze zum Totenreich zu überqueren. Genauso unrealistisch ist die Vorstellung, dass Taiwaner freiwillig nach San Zhi ziehen.
San Zhi wird somit weiterhin ein futuristisches Denkmal für die Toten bleiben.